Ich gebe eigentlich nicht viel zu diesen “Kategorisierungen” von ganzen Generationen – ich fühle mich schon gar nicht als “Millenial” oder Generation Y Mitglied aber mit Jahrgang 1988 (und Jahrgang 1990 bei meiner Frau) passen wir anscheinend direkt in die Definition (Quelle Wikipedia).
Zuerst einmal zum Positiven: Meine Eltern haben mir eine phantastische Jugend ermöglicht. Ich konnte eine Lehre machen und hatte ein relativ unbeschwertes Leben. Ich fand direkt eine Stelle und konnte mich direkt ins Berufsleben stürzen. Ich hatte von meinen Eltern den Traum vom Eigenheim und dem Nest für die eigene Familie übernommen. Ich bin mir bewusst dies war nur möglich in einer von den “Boomern” aufgebauten Wirtschaft. Aber zu welchem Preis?
Ein Wunsch entsteht
Im 2018 haben Susi und ich geheiratet. Von da an kam dann der Wunsch nach einem eigenen “Nest” richtig Form an. Wir waren und sind zwar sehr zufrieden mit unserer aktuellen Wohnsituation, aber jedes Jahr ca. 25’000.- unseres “Vermögens” jemandem anderen in die Hand zu drücken damit wir ein Dach über dem Kopf haben macht bei den aktuellen Hypothekarzinsen finanziell wenig Sinn. Hätte man ein eigenes Haus würde man zwar Zinsen für die Hypothek bezahlen müssen, aber alles andere was man ins Wohnen steckt würde in UNSERE Immobilie investiert und nicht in die des Vermieters. Wir begannen zu diskutieren welche Eigenschaften unser zukünftiges Zuhause haben sollte.
Klar war, dass das Haus uns Platz bieten soll um eine Familie zu gründen, abgesehen davon hatten wir ganz interessante Vorstellungen. Susi wollte unbedingt Seesicht – mir wurde beim Gedanken an eine Seesicht schlecht – nicht weils mir nicht gefallen würde sondern weil es das ganze Vorhaben teurer macht ohne dass es viel Nutzen bringen würde. Für mich war klar, dass wir auch ein Haus wollen um gelegentlich Freunde und Familie zu Besuch zu haben und ihnen auch einen Schlafplatz anbieten können wollen. Mit dem Standort Interlaken würden wir einigen Leuten eine wertvolle Basis für Ihre Hobbies bieten können. Aufgewachsen in einem ehemaligen Bauernhaus mit viel Platz ums Haus, wollte ich meinen zukünftigen Kindern auch das wertvolle Erlebnis bieten sich um Tiere zu kümmern. Dafür braucht man aber ein bisschen Land ums Haus, je mehr desto besser – im besten Fall genug Platz um ein Pony unter tiergerechten Bedingungen unter zu bringen.
Unsere Ausgangslage
Susi und ich sind aktuell sogenannte DINKs – Double Income no Kids. Ich arbeite als IT System Engineer und Susi als Pflegefachfrau. Gemeinsam kommen wir auf ein Haushaltseinkommen welches uns im oberen Mittelstand ansiedelt. Susi ist eine begnadete Sparerin und ich habe auf den Hauswunsch hin ebenfalls angefangen mehr zu sparen. Dies ergibt eine stets wachsende Zahl an Eigenkapital die uns zur Verfügung steht und welches auf Sparkonten liegt die keine Zinse abwerfen. (oder im schlimmsten fall sogar Negativzinsen)
Wir sind in der tollen Situation gelegentlich in die Ferien fahren zu können, ein Auto zu haben und wenn eine unerwartete Rechnung eintrifft auf Reserven zurückgreifen zu können. Nach meiner Überzeugung und meinem Gefühl sollten wir gut positioniert sein um die Spitze der Maslowschen pyramide in angriff zu nehmen und unsere Wünsche bzw. uns Selbst zu verwirklichen.
Die Suche beginnt
Solche Vorstellungen hatten wir Ende 2018 – und stürzten uns in die Immobilienwelt. Wir meldeten uns bei unzähligen Immobilienvermittlern und bewegten uns täglich auf diversen Portalen auf der Suche nach der Immobilie die unsere Wünsche erfüllt. Wir wollten unsere Vorstellungen erfüllen und nicht aufs erstbeste reinfallen. Ich habe unter meinen Freunden den Ruf, dass ich in vielen Themen den “besten Deal” gut erkenne. Dies liegt daran, dass ich mich wenn ich eine Anschaffung plane in einen Markt stürze und mir so viele Informationen wie möglich über das Thema aneigne bis ich genügend Kenntnisse gesammelt habe um einen guten Deal zu erkennen. Beispielsweise:
Ich will ein Auto kaufen. Zuerst wird eine Modellauswahl getroffen, anschliessend werden die verschiedenen “Geschmacksrichtungen” des Modells bis ins Detail analysiert bis ich weiss welches Modell den besten Deal bietet. Bei der Anschaffung unseres Volvo C30 habe ich mich über die verschiedenen Ausstattungsvarianten und Motoren bis ins Detail informiert. Somit war für mich klar wenn ein C30 dann einer mit dem 5 Zylinder Volvo Motor(da die anderen Motoren alle nicht von Volvo geliefert werden), der Motor war zu dem Zeitpunkt schon Jahre getestet (in Vormodellen) und versprach die bekannte Volvo zuverlässigkeit. Gesagt getan, bis heute tut der Volvo klaglos seinen Dienst und mit dem Motor hatten wir noch nie das kleinste Problem.
Genau wie mit einem Auto habe ich auch den Immobilienkauf in angriff genommen. Doch was ich da nicht wusste, es gibt nicht den “perfekten Deal” zu finden sondern es wird schon schwierig genug irgendeinen Deal zu finden. Mittlerweile ist es 2021 und wir haben noch immer keine Immobilie gefunden. Unsere Vorstellungen haben wir schon massiv eingedampft. Aktuell suchen wir noch nach einer Wohnung oder einem Haus welches uns genügend Platz bietet und uns nicht mit entweder dem Kaufpreis oder den Renovationskosten finanziell ruiniert. Aber auch dies stellt sich als schwierig dar. Ich habe mir dazu schon sehr viele Gedanken gemacht und habe festgestellt, dass viele Leute sich überhaupt nicht im klaren sind wogegen wir hier antreten. Nochmal: Uns geht es gut, wir haben beide einen Job, wir haben ein Auto wir können uns Hobbies leisten und wir müssen nicht unbedingt eine Immobilie kaufen um zu überleben – aber es kann sicher ein Grossteil nachvollziehen dass wir gerne unsere eigene “Basis” haben möchten für unser Leben. Aber dieser nächste Schritt ist extrem schwer und es werden uns noch viele zusätzliche Steine in den Weg gelegt.
Fair ist es nicht
Auf unserer Suche haben wir schon einiges erlebt. So hätten wir innerfamiliär eine Lösung gehabt, doch ein Onkel (noch knapp im Babyboomer Jahrgang) hatte den Eindruck, dass er sich über den Willen seines Vaters hinwegsetzen muss und das Haus zu Marktpreisen an uns Abgegeben werden soll. Obwohl wir eine Alterswohnung für den darin lebenden Grossvater und die dringend nötige Renovation des Hauses mit eingeplant hatten. So hätten wir jemandem der nie ein bisschen für das Haus geleistet hat eine unsumme an Geld überweisen müssen, nur weil das Haus steuertechnisch an ihn überschrieben wurde. Auch hatten wir mit einer weiteren Babyboomer Dame bereits einen Preis ausgehandelt für ihr Haus welches sie verkaufen wollte, im letzten Moment entschied sie sich dann doch dem Geld nach zu geben und verkaufte das Haus an einen Nachbarn. In der zwischenzeit haben wir eine Flyer-Aktion gestartet und in unserer Umgebung fast 2000 Flyer verteilt, dabei haben wir uns öfters Häuser gemerkt welche verlassen wirken. Viele dieser Häuser sind laut dem Grundbuchauszug von leuten Bewohnt mit Jahrgängen 1940 und noch älter – da sehen wir eine grosse Wahrscheinlichkeit, dass die Häuser nicht mehr bewohnt werden – ihre Besitzer im Altersheim sind und das Haus so vor sich hin siecht. Auch haben wir diverse Fälle erlebt in denen Häuser unbewohnt waren und einer Erbengemeinschaft gehören. Auch eine direkte Anfrage bei den Erbengemeinschaften ergab leider keine Antworten und die Häuser stehen nun einfach Brach obwohl sich eine Junge Familie darin sicher wohl fühlen könnte. Bei einem weiteren Fall fanden wir heraus, dass ein Haus zwei Geschwistern gehört die beide nicht in dem Haus leben. Auf Anfrage rief mich dann eines der Geschwister zurück (ich hatte schon herausgefunden, dass sie noch ein weiteres Haus besitzt in dem Sie wohnt) und teilte uns mit, dass Sie das Haus benötigen – sie kämen immer an den Wochenenden nach Interlaken um die Zeit dort zu verbringen. Auch ein Angebot, dass wir das Haus auch übernehmen würden und eine schmucke Ferienwohnung gratis für Sie einrichten würden (Das Haus bietet reichlich Platz), lehnte die Frau ab. Also haben wir da einen Babyboomer welcher das Haus den grössten Teil der Zeit lieber leerstehen lässt anstatt einer jungen Familie die Chance zu geben. Sie meinte noch das Haus sei schon Baufällig und man müsste viel Geld reinstecken um es wieder auf Vordermann zu bringen – was für mich bedeutet dass sie nach typischer Babyboomer Manier zwar ein Haus hat aber keinen Aufwand reinsteckt.
Gegen das eigene Geld
Mit der Zeit realisierte ich, dass ich im Immobilienmarkt gegen mein eigenes Geld antrete. AHV, Pensionskassen, Krankenkassen, Versicherungen und viele mehr die von mir Geld erhalten, legen ihre Finanzreserven mangels Zinse in Immobilien an. Gibt es irgendwo ein ansehnliches Stück Bauland zu verkaufen trete ich gegen andere mitglieder meiner Generation sowie all diese Unternehmen an, die dann mich mit meinem eigenen Geld ausstechen. Will ich mir eine Wohnung an einer guten Lage oder mit einer geeigneten Grösse anschaffen, trete ich gegen mein eigenes Geld an. Aktuell erlebe ich sogar den Fall, dass ich bei einem Einfamilienhaus gegen mein eigenes Geld antrete! Mein Vermieter bietet bei dem Wunschobjekt auch mit – ein Teil des Geldes welches er benutzt um dort mit zu bieten sind die Mieteinnahmen die er durch uns erzielt.
Es steckt viel Geld in der gesamten Immobilienbranche da die Immobilienbranche der risikoärmste Weg ist um sein Geld zu investieren. Aktien, Rohstoffe, Währungen, Cryptowährungen werden immer wieder von Crashes getroffen, einzig die Immobilienbranche zeigt stetig aufwärts und hat fast keine Crashs. Wenn Sie dann mal crasht (wie 2008) sind die Auswirkungen verheerend und die Staaten greifen ein um einen Totalkollaps zu verhindern. Staaten müssen Geld drucken um die klaffenden Wunden in der Wirtschaft zu heilen. Damit der Staat nicht zu viel für das Geld ausgeben muss, wird der Leitzins tief gehalten und die Geldpressen laufen rund. Die Zinse sind tief, Kapital ist billig zu haben, die Wirtschaft ist flüssig und kann satte Gewinne produzieren, diese Gewinne werden ausgeschüttet und würden auf dem Sparkonto leider keinen Gewinn absetzen da die Zinse ja tief sind. Das Geld auf dem Konto liegen lassen macht auch keinen Sinn durch die laufende Inflation verliert das Geld laufend an wert. Also wird das Geld in Immobilien investiert, der Immobilienmarkt wird erhitzt bis zum geht nicht mehr. Zusätzlich sind Hypotheken erschwinglich für jedermann – da tiefe Zinsen – jeder kann sich theoretisch plötzlich ein Haus leisten. Es wird immer wieder von einer Blase gesprochen aber platzen tut sie nicht – denn täte sie es ergäbe dies ein fatales Dominospiel welches die schweizer Wirtschaft nicht überleben würde. Würde der Immobilienmarkt sich korrigieren wären plötzlich AHV, Pensionskassen, Banken, Versicherungen nicht in Schräglage sondern gecrasht und gesunken. Arbeitslosenzahlen würden explodieren und der Staat müsste erstens Geld reinstecken und zweitens würde er weniger Steuern einnehmen Staatschulden steigen und weil sich die Zinsen mittlerweile Korrigiert haben, werden auch die Zinsen auf den Staatschulden zum Problem.
Und am hinter dieser Kette sitzen wir, mit unserem Wunsch nach einem eigenen Nest. Wir sind dabei bei weitem nicht das Ende der Nahrungskette – ganz am Ende sitzen die Leute die gerne ein bisschen Wohnraum zu einem für sie bezahlbaren Preis mieten möchten. Dessen bin ich mir voll bewusst.
Die Wertverlagerung
Dieses System wurde in der Nachkriegszeit ausgedacht, in den Einsatz gestellt und immer wieder nachjustiert. Das hat auch mehr oder weniger gut Funktioniert. In den letzten Jahren stagniert aber der Fortschritt, so frisst sich das System ein und es wird offensichtlich dass wir nun in einem ganz schlechten Teufelskreis stecken der irgendwann zu einem gewaltigen Knall führt. Auf der Suche nach den Gründen bin ich wieder bei den Generationen gelandet. Die Babyboomer die einen grossteil der Bevölkerung ausmachen sind entweder schon in Rente oder kurz davor und finden das System ganz gut so wie es ist. Weil es für Sie noch recht gut funktioniert und sie nun die Früchte des Systems geniessen. Sie haben eine volle AHV die mit dem Geld welches die heute arbeitende Bevölkerung einzahlt gedeckt wird. Die Babyboomer haben Pensionskassenauszahlungen zu einem Umwandlungssatz mit dem es sich leben lässt, wiederum quersubventioniert von den aktuell Einzahlenden sich im Arbeitsalter befindlichen Nachfolgegenerationen. Der ganze Wirtschaftsboom wurde mit wenig sorge zur Umwelt betrieben, die ganzen kosten für diesen Raubbau an der Natur mussten sie nicht bezahlen, das werden aber die nachfolgenden Generationen wohl oder übel übernehmen müssen. Zusätzlich besitzen die Babyboomer noch ihre Immobilien die Sie zu damals fairen Preisen erstanden oder gebaut haben und die meist auch in der perfekten Grösse sind um einer Familie ein Zuhauses zu bieten. Wenn dann junge Leute ankommen und nur ein Nest für sich und ihre zukünftige Familie haben wollen, werden dann Marktübliche Preise aufgerufen. Kommt es gelegentlich zur löblichen Ausnahmen, dass jemand eine Immobilie zu einem fairen Preis an eine junge Familie abtreten will, gibt es immer andere Babyboomer die demjenigen einen exorbitanten Preis bieten damit sie dann die Immobilie erhalten. Wie sich in unserer Erfahrung zeigt, sind Babyboomer so sehr dem Geld verfallen, dass Sie auch bei initial guten Beweggründen sich dann doch lieber vom Geld locken lassen. Also wird dann auch noch beim Immobilienmarkt fleissig Geld von den jungen zu den Alten geschwemmt.
Fazit
So finden wir Generation Y nun eine Welt vor die scheinbar vor allem auf die Vorgenerationen ausgerichtet hat. Wir arbeiten fleissig, verdienen Geld von welchem vorher noch für AHV, Pensionskasse usw. abgezogen wurde. Bezahlen Krankenkasse, Miete und was das Leben sonst noch kostet und schauen unserem Geld auf dem Sparkonto zu wie es mit jeder Minute weniger Wert hat.
Während dem sitzen die Babyboomer gemütlich auf der Terrasse ihres Einfamilienhauses welches sie zu zweit bewohnen. Dank AHV haben sie ein schön eingerichtetes Zuhause und bezahlen bei Museen, ÖV usw. nicht den vollen Preis. Das Geld welches sie als AHV erhalten, ist nicht das Geld welches Sie zuvor in die AHV eingezahlt haben, sondern es ist das Geld, welches den Jungen Ende Monat vom Lohn abgezogen wird. Mit der PK welche sie noch zu einem sehr vorteilhaften Umwandlungssatz erhalten, kaufen sie sich den Champagner den sie im Kühlschrank lagern. Das Geld welches sie aus der PK erhalten ist ebenfalls einige Wochen vorher vom Lohn einer jungen Familie abgezogen worden. Den Champagner haben die Babyboomer gekauft, weil sie ihr Einfamilienhaus welches sie ursprünglich für 400’000.- gebaut und seit da nie mehr Renoviert haben, gerade an eine junge Familie für über 1’000’000 Franken verkauft haben.
Was die Familie da noch nicht weiss: Ein Teil der Parzelle liegt über einer Abfallhalde die vor dem Bau des Hauses zugeschüttet wurde. Die bereinigung der Abfallhalde werden die neuen Besitzer in 10 Jahren dann auch noch bezahlen dürfen, da geniessen die Babyboomer dann den Komfort eines Altersheims umsorgt von jungen Pflegenden.
Im nachhinein wird Generation Y umbenannt in “die gefuckoverten”