Allgemein Fliegen Paragliding

Chillout Thermikcamp – Day 3

08.08.2020 – Kari hatte heute ein grosses Geheimnis über den Flugort gemacht. Wir hatten einfach die Anweisung 08:45 in der Chilloutbasis zu erscheinen und dass wir gleich los zum Berg fahren würden. Gesagt getan, 08:45 in der Basis in den Bus gehüpft und los ging die Fahrt. Ich hatte spekuliert dass es entweder auf den Niesen oder ins Wallis geht. Nach wenigen Sekunden Fahrt war mir aber klar, dass wir uns richtung Brienz/Meiringen bewegten. Die Diskussion im Teilnehmerfeld engten sich da auf Axalp und Planplatten ein, bis Kari dem ganzen ein Ende machte und ankündigte dass wir aufs Brienzerrothorn gehen werden.

In Brienz angekommen konnten wir fast direkt auf den Zug umsteigen und waren relativ schnell bereits auf dem Zug. Susi und ich hatten das Brienzerrothorn letztes Jahr besucht und uns blieb vor allem das “Techno-Bähnli” hängen. Die Dampflock macht einen rhythmischen Takt der in einigen dunklen Ecken des Techno die Herzen höher schlagen liesse.

Auf dem Rothorn angekommen mussten zuerst einige sich erholen von der unglaublichen Aussicht die man von dort hat. Als wir uns dann wieder gefangen hatten gings ans planen des Fluges. Kari wollte von uns Wissen:

  • Was sagt der Wetterbericht?
  • Wie schauts aus mit Thermik?
  • Wo ist der Einstiegsschlauch?
  • Wo kann man landen?
  • Wo sind die Points of Now Return?
  • Welche Routen wären möglich?
  • Welche Gefahren müssen wir erwarten?

Wir machten drei Teams und fingen an uns in die verschiedenen Apps usw. zu versenken. Lister der Apps und Seiten von Chillout: https://chilloutparagliding.com/infos/flugplanung/
Wir hatten dann schnell herausgefunden, dass theoretisch ab 1200m Thermikschläuche entstehen könnten und dass die Basis bei ca. 2700m liegen würde. Der Tag sollte labil genug sein für Thermik aber stabil genug dass es keine Gewitter geben würde. Den Einstiegsschlauch sahen wir an der S/O Flanke des Rothorns und dann anschliessend entlang des südlichen Hanges der “Brienzerkette” bis zum Harder. Interessant war dann der Input von unserem erfahrensten Teilnehmers Beat: Er plant solche Flüge in einzelnen Etappen und dabei ist es wichtig bei jeder Etappe einen Offiziellen Landeplatz in Gleitflug-reichweite zu haben. Keine “landbaren Felder” sondern offizielle Landeplätze. So konnten wir auch unsere Points of no Return definieren -> Wenn wir den einen offiziellen Landeplatz nicht mehr erreichen können im Gleitflug haben wir den Point of No Return buchstäblich überschritten. Wir definierten eine Lawinenverbauung an der Flanke des Tannhorns als unseren Point of no Return um noch in Brienz landen zu gehen. Von da an wäre der beste weg dann quasi “hinter” die Bergkette zu wechseln und richtung Habkern zu fliegen falls man keine Höhe mehr fand. Und zum Schluss wäre dann primär Interlaken Höhenmatte unser Landeplatz sobald wir in Gleitflug Reichweite von Interlaken wären.

Wir begaben uns dann gut vorbereitet richtung Startplatz, Kari wollte uns etwas den Stress nehmen und so gingen wir nicht zum offiziellen Rothorn Startplatz sondern wanderten noch 10min weiter zum Startplatz Eisee der nicht ganz so schwierig war wie der vom Rothorn. Für mich setzte da die nervosität richtig ein, ich hatte von Kari einen Epsilon 9 in die Hand gedrückt bekommen und anstatt meine ersten Flüge mit etwas dynamischerem als einem Alpha in einem Gleitflug aus zu probieren, plante ich an einem thermisch aktiven Tag direkt in die Thermik zu starten. Entsprechend nervös war ich und wenn ich nervös bin mache ich schnell vorwärts, schon hiess es “ah ja guet Räffu du bisch ja parat -> de chasch grad ga”. Baumi legte mir den Schirm aus und ich stellte mich hin für einen Rückwärtsstart. Als der nötige Wind kam, zog ich an den A Leinen und der Eps fing sofort schön über mich zu steigen, ich war aber so perplex, dass ich mich nicht ausdrehte sondern einfach nur dem Schirm zuschaute wie er wieder runterfiel. Baumi hatte zwar etwas zu motzen, aber legte mir den Schirm wieder schön aus. Ich wartete nochmal ein paar Sekunden und dann war der Wind perfekt, Impuls, Schirm kam hoch, angebremst und ausgedreht und schwupps war ich in der Luft.

Bereits beim ersten Steuerbefehl bemerkte ich wie viel agiler der Epsilon ist. Ich habe den Unterschied zum Alpha so beschrieben: Der Alpha fragt dich wenn du einen Steuerbefehl gibst nochmal ob du sicher bist ob du das tun willst und wenns ihm nicht passt macht ers nicht – der Eps macht was du sagst und du musst wissen was du tust. Es war ein komisches gefühl gleich in die Thermik ein zu tauchen aber ich hatte viel vertrauen zu Kari und wenn er sagt ich kann dass, dann kann ich das! 🙂

Wir starteten etwas vor der prophezeiten Zeit an der sich Thermik ablösen würde, da wir bereits Thermik an uns vorbeiziehen spürten. 6min nach meinem Start war ich auf fast 2900m über dem dem Brienzer Rothorn und tauchte schon fast in die Wolken ein. Ich entschied mich nun die nächste Etappe zu versuchen und richtung Tannhorn weiter zu gehen. Bei der Lawinenverbauung die wir als Point of no Return definiert hatten, wo wir auch einen weiteren Thermikschlauch erwarteten, hatte sich die Thermik aber noch nicht abgelöst. ich kam genau auf Gipfelhöhe am Tannhorn vorbei welches auf 2200m Höhe liegt und ca. 5Km vom Rothorn entfernt ist. Leider fand ich aber da dann keine Thermik. Im nachhinein ist mir nun klar, dass ich hätte im Thermikschlauch warten sollen bis sich anzeichen einer Thermik über den weiteren Gipfeln bilden. (jedenfalls an so einem Tag an dem jegliche Thermik eine kleine härzige Wolke produzierte) Auf dem Video kann man sogar noch hören wie ich sage “Het zwar no kes Wülchli dertänä aber chunnt scho guet!” es kam nicht gut!

Nach wenigen Minuten suchen war ich schon tief unten und fand einfach keine steigende Luft. Ich fing dann an mich langsam wieder zurück richtung Brienz zu bewegen um jederzeit im Gleitflug bis Brienz zu kommen und endete wieder am gleichen Ort wo ich den ursprünglichen Startschlauch aufs Rothorn genommen hatte. Zusammen mit einigen weiteren Kursteilnehmern kratzte ich dort am Hang entlang und versuchte wieder diesen Schlauch aufs Rothorn zu finden. Plötzlich waren wir nur noch zu viert, dann zogen zwei weitere weiter und Russ (ein unglaublich freundliche Kanadier) und ich kratzten verzweifelt und versuchten uns noch oben zu halten. Nach einigen Minuten an denen ich primär daran dachte nach Brienz zu fliegen und zu landen entschied ich mich in meinem Kopf “Räffu du bisch hiä im Thermikcamp, jetz fingsch dä Schluuch und flügsch uf Inti”. Also flog konzentrierte ich mich neu, suchte entschiedener das Steigen und einige Minuten Später war ich wieder auf 2900m. Auch da packten mich nochmal die Zweifel, ich musste mich wieder selber überreden nun den Versuch zu wagen anstatt nach Brienz landen zu gehen.

Und siehe da, diesesmal konnte ich fast auf dem ganzen Weg die Thermikwolken sehen die mir das Steigen anzeigten. Am Tannhorn wo ich 1h vorher noch abgesoffen war zog ich mit viel mehr höhe vorbei und sah schon von dort aus die Thermikwolke am “Schnierenhireli” welche mich wieder auf 2800m brachte, so ging es weiter bis ans Augstmatthorn. Auch dort hatte ich anständig Höhe und sah plötzlich über den ganzen Harderrücken bis ganz nach vorne. Eigentlich hatte ich vor noch ans Niederhorn zu queren, was ich da nicht wusste, ich hätte am Augstmatthorn richtung Habkern abbiegen müssen und nicht über den Harderrücken bis zum Harder und dann von dort richtung Amisbühl kreuzen sollen. Der ganze Harderrücken war zu tief und es zeigten sich auch keine Thermikwölkchen -> ich fand dann absolut kein steigen mehr. zwar flog ich mit Höhe über das Harderrestaurant aber als ich dann die querung zum Amisbühl gemacht hatte war ich so tief dass ich in der warmen Suppe der tieferen Lagen nichts mehr fand.

Ich kehrte mit ganz wenig Höhe zurück an den Harder, nutzte dort den Talwind um etwas auf zu Soaren und nutzte die gelegenheit um mal die Zeit zu schätzen. Kari hatte gesagt, dass alle die um ca. 15:30 landen würden noch auf die Breitlauenen gehen würden. Bei meinem Zeitcheck merkte ich dass ich noch ein paar Minuten hatte um auf der Höhenmatte zu landen und noch einen zweiten Flug ab zu bekommen. Also gedacht getan, losgeflogen über Interlaken, Tom und Tigi auf der Terrasse mit Ohren anlegen gegrüsst und auf der Höhenmatte gelandet.

Dort gelandet entdeckte ich schon diverse Kursmitglieder die mir winkten. Anscheinend waren wir schon im Begriff zur Abfahrt, ich packte also schnell mein Zeugs und hechtete in den Bus. Während der Fahrt nach Wilderswil verputzte ich noch kurz mein Sandwich um wieder ein Energielevel zu haben und einige Minuten später waren wir auf der Schynigeplattenbahn.

Oben angekommen rief Kari zum Briefing auf: Er lobte uns für den Kampfgeist den einige Bewiesen hatten und kündigte an dass wir ein sauberes Debriefing am nächsten Tag auf dem nächsten Berg machen würden. Sein plan war es vom Schilthorn zu starten, was mich natürlich um so mehr freute. Für den Breitlauenenflug gabs den Task “Chillout Flug” einfach geniessen und individuell entscheiden wann wir landen wollen und individuell nach Hause gehen.

Wir hoben ab und ich fand sofort Thermik, nach einigen Suchkreisen war ich mit dem Pulk am auf ca. 1900m aufdrehen und genoss das Fluggefühl mit dem Epsilon. Nach 30min kam zum ersten mal mein Hirn und meinte es möchte nun landen, ich machte mit mir ab dass ich versuche mindestens eine Stunde zu fliegen. Nach 45min meinte mein Hirn wieder “wie wärs mit landen” und ich musste mich WIEDER an die 1h Flug Regel erinnern. Nach 55min airtime flog ich dann los richtung Interlaken. Ich hatte eine riesen höhe und genoss die Aussicht und landete nach über 1h auf der Höhenmatte.

Der Tag war der absolute Hammer. Ich hatte das erste Mal das Gefühl wirklich Strecke zu fliegen und lernte dass es immer wieder ein kampf gegen das eigene feige Hirn ist um wirklich auf eine schöne Entfernung zu kommen. Zusätzlich konnte ich schon viel Vertrauen zum Epsilon sammeln und konnte schon sagen dass ich mich pudelwohl fühlte.